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Gesundheitsausgaben im internationalen Vergleich

Eine Konvergenzanalyse, Staatlichkeit im Wandel 29

Erschienen am 07.09.2017, 1. Auflage 2017
39,95 €
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783593508214
Sprache: Deutsch
Umfang: 271 S.
Format (T/L/B): 1.7 x 21.3 x 14.1 cm
Einband: Paperback

Beschreibung

Die Gesundheitssysteme der OECD-Länder stehen vor der gemeinsamen Herausforderung, den Anstieg ihrer Ausgaben im Zaum zu halten und zugleich einer hochwertige Versorgung zu gewährleisten. Angesichts ähnlicher Problemkonstellationen wird von Teilen der Wohlfahrtsstaatsforschung eine Konvergenz der Systeme erwartet. Tatsächlich lassen sich bei Ausgaben und Finanzierungsweise Konvergenztrends beobachten. Doch welche Faktoren tragen zu einer Angleichung bei, welche fördern länderspezifische Entwicklungen? Welche institutionellen Eigenheiten begünstigen oder erschweren Kostendämpfung? Das Buch geht diesen Fragen auf den Grund.

Autorenportrait

Achim Schmid ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am SOCIUM der Universität Bremen, Abteilung Gesundheit, Pflege und Alterssicherung.

Leseprobe

In der sozialstaatlichen Expansionsphase der Trente Glorieuses (1945-1975) haben sich in den wohlhabenden Nationen der OECD-Welt Gesundheitssysteme etabliert, die meist für nahezu die gesamte Bevölkerung den Zugang zu medizinischer Versorgung über öffentliche Systeme sicherstellen. In den skandinavischen Ländern ist die Implementation nationaler Gesundheitsdienste in den frühen 1970er-Jahren abgeschlossen. In Südeuropa ersetzen etwas später öffentliche Versorgungssysteme ebenfalls die soziale Krankenversicherung und gewähren sukzessive breiteren Bevölkerungsgruppen Zugang zu steuerfinanzierten medizinischen Leistungen. Die sozialen Krankenversicherungen in Österreich, Deutschland und Frankreich weiteten zur selben Zeit die Versicherungspflicht auf zuvor nicht abgesicherte Gruppen aus. In Australien wurden ambulante Leistungen in das öffentliche Versorgungssystem integriert und in Kanada haben seit Anfang der 1970er-Jahre alle Einzelstaaten die föderale Rahmengesetzge-bung und finanziellen Anreize dazu genutzt, ein öffentliches System für stationäre und ambulante Leistungen einzuführen. Die große Ausnahme stellt bis heute das fragmentierte Gesundheitssystem der USA dar. Auch hier wurden in den 1960er-Jahren durch Medicare und Medicaid öffentli-che Programme installiert, die in erster Linie Älteren und Einkommens-schwachen den Zugang zu medizinischer Versorgung ermöglichen. Außerdem besteht eine staatliche Gesundheitsversorgung für Militärbedienstete, Veteranen und ihre Angehörigen, dennoch blieben seit 1970 zwischen etwa 12 und 20 Prozent der Bevölkerung ohne jeglichen Versicherungsschutz (OECD 2014b). Mit rund 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung versichern sich die meisten US-Bürger privat, in der Regel über ihren Arbeitgeber (Cohen u.a. 2009). In der Ausdehnung der Reichweite öffentlicher Sicherungssysteme zeigt sich ein gemeinsamer Trend, immer größeren Teilen der Bevölkerung Krankenversi-cherungsschutz zukommen zu lassen. Angesichts dieses Trends sowie weiterer Gemeinsamkeiten in Wissenschaft und Technik, Krankheitsmus-tern und demographischen Entwicklungen wurden schon früh Konver-genzthesen formuliert. Gesundheitssysteme neigten aufgrund gemeinsamer Problemlagen zu immer ähnlicheren Strukturen (Mechanic 1975) oder befänden sich gar auf dem Pfad zu einem verstaatlichten Gesundheitssystem (Field 1980). Die ökonomischen Krisen der 1970er-Jahre läuteten das Ende des verbreiteten Expansionskurses ein. Erwartungen, einen freien Zugang zu medizinischer Versorgung in hoher Qualität zu gewährleisten, sind auf-grund ökonomischer Probleme und haushaltspolitischer Restriktionen zusehends schwerer zu erfüllen. Kostendämpfungspolitik wird zum prä-genden Element der gesundheitspolitischen Agenda (Abel-Smith/Mos-sialos 1994). Auch in dieser Phase werden Konvergenztrends als wesent-liche Beobachtung im Vergleich der Gesundheitssysteme der OECD-Welt hervorgehoben (OECD 1987). Thesen einer Entwicklung zu einem spezifischen Gesundheitssystem gehen nun eher von einem Modell aus, das stärker auf private Leistungserbringung setzt, während Finanzierung und Regulierung durch öffentliche Akteure bestimmt werden (Hurst 1991). Die Konvergenzidee bleibt "unmittelbar attraktiv" (Blank/Burau 2014), nicht nur aufgrund gemeinsamer Problemlagen, die ähnliche Lösungsoptionen herausfordern. Gesundheitssysteme können auch einander ähnlicher werden, wenn sie unterschiedliche Entwicklungspfade einschlagen, aber hierdurch gerade die Elemente fördern, die bislang fremd waren und andere Systeme prägen (Schmid u.a. 2010). Neben gemeinsamen Problemlagen, die sich in systemspezifischem Problemdruck niederschlagen, tragen hierzu auch die Verbreitung von Reformideen durch internationale Organisationen sowie länderübergreifende Lernprozesse bei (Marmor u.a. 2005). Die Konvergenzidee bleibt im Gesundheitssystemvergleich präsent, sei es für Politik, Strukturen, Prozesse oder deren Outcomes. Diese Arbeit greift das Konvergenzthema auf, beschränkt sich aber auf die qu