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Unternehmenspublizität und Corporate Governance im Wandel

Staatliche Steuerungsmodelle im internationalen Vergleich, Staatlichkeit im Wandel 5

Erschienen am 03.03.2008, 1. Auflage 2008
42,00 €
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783593386164
Sprache: Deutsch
Umfang: 289 S.
Einband: Paperback

Beschreibung

Der wachsende globale Standortwettbewerb erhöht den Druck auf die Nationalstaaten, Unternehmen ein attraktives Umfeld zu bieten. Unternehmer fordern günstige Finanzierungsmöglichkeiten und Investoren einen hohen Anlegerschutz. In diesem Zusammenhang spielen die nationale Regulierung von Corporate Governance sowie Gesetze zur Offenlegung von Unternehmensdaten eine wichtige Rolle. Jörg Richard Werner beleuchtet, wie Deutschland, Großbritannien und die USA in ihren Corporate- Governance-Systemen auf die Anforderungen des Marktes reagieren, und zeigt, dass sich die verschiedenen nationalen Systeme immer stärker aneinander annähern.

Autorenportrait

Jörg Richard Werner, Dr. rer. pol., ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachbereich Wirtschaftswissenschaft der Universität Bremen.

Leseprobe

Corporate Governance als System: Elemente, Einflussfaktoren, Klassifikationen Die Corporate Governance eines Landes kann als ein System verstanden werden, das sich aus Elementen zusammensetzt, die in der Regel komplementäre Ausprägungen zueinander annehmen. Ist dies der Fall, ist das System als konsistent und stabil anzusehen. Real lassen sich nur eine begrenzte Anzahl konsistenter und stabiler Corporate Governance-Systeme unterscheiden. Üblicherweise wird sogar nur zwischen zwei Systemtypen differenziert. Diese werden in der Literatur zwar unterschiedlich benannt, beschreiben aber im Wesentlichen die Systeme gleicher Ländercluster. Dies ist plausibel, wenn bedacht wird, dass die Corporate Governance selbst wiederum nur Teil eines Supersystems ist, das als Typ des Kapitalismus bezeichnet werden kann. Auch hier finden sich unterschiedliche Klassifikationen, besonders populär ist aber jene des "Varities of Capitalism"-Ansatzes. Nach diesem gehört Deutschland - mithin auch die deutsche Corporate Governance - traditionell zu den coordinated market economies, Großbritannien und die USA sind dagegen der Gruppe der liberal market economies zugeordnet. Da die Art bzw. Bedeutung der Unternehmenspublizität mit dem Typ des Wirtschafts- bzw. Corporate Governance-Systems variiert, sind beobachtbare Veränderungen im Bereich der Publizität stets auch ein Kristallisationspunkt für einen fundamentaleren Wandel der Corporate Governance in einem Land. Zum Begriff der Corporate Governance Das theoretische Fundament der Corporate Governance liegt in der Agency-Theorie, die sich mit Auftragshandeln, insbesondere in großen ("komplexen") Organisationen befasst. In solchen Unternehmen sind typischerweise Eigentum und Verfügungsmacht getrennt, was spezifische Probleme hervorruft, die erstmals umfassend von Berle/Means (1932) beschrieben wurden. Ein wesentliches Governance-Problem ist das zwischen Eigentümern und Managern. Es besteht darin, dass Investoren nach ihrer Beteiligungsentscheidung nicht mehr kontrollieren können, ob die von ihnen zur Verfügung gestellten Mittel gemäß ihren Vorstellungen verwendet werden, da sie nicht über ausreichende Informationen verfügen. Das unterscheidet sie vom Management und von gegebenenfalls sonstigen Parteien, die Zugriff zu internen Informationen haben. Solche Informationsasymmetrien können nun dazu führen, dass Manager Handlungen tätigen, die zwar ihren eigenen Nutzen erhöhen, nicht aber den der Kapitalgeber. Aus einer agenturtheoretischen Perspektive ist dies das Kernproblem, zu dessen Lösung die Corporate Governance beitragen soll. Eine Entschärfung des Agenturproblems könnte nun zunächst durch das Schließen anreizkompatibler Arbeits- oder Vergütungsverträge erfolgen. Dies würde allerdings, ex ante, eine Beantwortung aller künftigen Konfliktfälle durch Vorgabe spezifischer Regeln erfordern, was, soweit überhaupt möglich, immense Transaktionskosten verursachen würde. Verträge können deshalb zwar hilfreich sein Konfliktfälle zu entschärfen, sie sind aber keine vollständige Lösung des Problems. Dies führt zu einer Nachfrage nach alternativen Steuerungsmechanismen, die im Wesentlichen die Corporate Governance eines Landes ausmachen. Vor allem im deutschen Schrifttum ist es üblich, eine Untersuchung zur Corporate Governance mit einem "Definitionsmarathon" zu beginnen, was angesichts einer gewissen Unschärfe der Begrifflichkeit auch nicht überraschen mag. Zumeist erfolgt dann der Verweis auf verschiedene Verständnisse des Begriffs, nämlich auf ein anglo-amerikanisches, dessen Fokus auf der Sicherung der Interessen der Anteilseigner liege (Shareholder-Value) und ein kontinental-europäisches Stakeholder-Modell, welches das Unternehmen einem breiteren Kreis an Anspruchsgruppen verpflichtet sieht. Der Begriff Shareholder-Value bezeichnet bzw. fordert eine (Rück )Besinnung, vor allem des Managements, auf Strategien bzw. Aktionen, die konsequent an der Steigerung der Wohlfahrt der Anteilseigner ausgerichtet sind. Forschungsarbeiten, die sich mit der Umsetzung des Shareholder-Value Gedankens befassen, untersuchen deshalb etwa Steuerungs- und Kontrollgrößen, mit denen Unternehmen - im Sinne ihrer Anteilseigner - geführt werden können. Corporate Governance kann dabei als ein Set von Mechanismen verstanden werden "[] through which outside investors protect themselves against expropriation by the insiders". Dem steht, zumindest vermeintlich, der Stakeholder-Ansatz entgegen, der selbst allerdings wesentlich weniger konsistent ist, den aber der Versuch auszeichnet, nicht nur die Interessen der Anteilseigner, sondern möglichst aller Anspruchsgruppen eines Unternehmens zu berücksichtigen. Für eine Definition von Corporate Governance unter einem solchen Verständnis kann beispielhaft auf Tirole (2001) verwiesen werden, bei dem es heißt: "I will [] define corporate governance as the design of institutions that induce or force management to internalize the welfare of stakeholders." Die Abgrenzung eines Shareholder- von einem Stakeholder-Verständnis der Corporate Governance ist allerdings nicht notwendigerweise auch zweckmäßig, wird dadurch doch unnötigerweise der Blick darauf verstellt, dass der Begriff der Corporate Governance auch einen universellen Kern haben muss. Nur eine "Kern"-Definition kann adäquat erfassen, dass es in unterschiedlichen Ländern verschiedene Modelle oder Systeme (auch: Konfigurationen) der Corporate Governance gibt. Eine zweckmäßige Definition von Corporate Governance muss deshalb allgemein genug sein, um eine Varianz der Fälle zu erlauben; sie sollte dagegen nicht bereits einzelne Modelle bezeichnen. Wird auf eine solchermaßen grundlegende Definition abgestellt, dann gehören zur Corporate Governance alle Regelungen zur Unternehmensverfassung, die "den rechtlichen und faktischen Ordnungsrahmen für die Leitung und Überwachung eines Unternehmens" in einem bestimmten Land konstituieren. Zu einem beträchtlichen Teil legt dieser Ordnungsrahmen fest, wer wann welche Entscheidungsrechte hat und welche Informationen ihm dazu von wem wann, in welchem Umfang und in welcher Qualität bereitgestellt werden müssen, außerdem, welche institutionellen Regeln dies rechtlich oder faktisch sicherstellen. Dies deutet darauf hin, dass es bei der Ausgestaltung von Corporate Governance-Systemen in erheblichem Maße um die Verteilung von Informationsrechten geht. Damit wird bereits deutlich, dass die Unternehmenspublizität für die Corporate Governance eine äußerst wichtige Rolle spielt. Abgrenzung und Klassifikation von Corporate Governance-Systemen Systemelemente Eine klassische Definition versteht unter Systemen "sets of elements standing in interrelation". Allgemein - und damit auch für Corporate Governance-Systeme - sind also zunächst einerseits die relevanten Elemente zu benennen, andererseits deren Beziehungen zueinander zu klären. Problematisch ist dabei die in der Realität beobachtbare Vielzahl von Einzelphänomenen, die grundsätzlich dafür in Frage kommen als Elemente eines Corporate Governance-Systems angesehen zu werden. Dies liegt auch und gerade an den im Schrifttum üblichen und oftmals wenig präzisen Definitionen von Corporate Governance. Wenn etwa nach La Porta et al. (2000) unter Corporate Governance alle Mechanismen verstanden werden, "through which outside investors protect themselves against expropriation by the insiders" oder nach von Werder (2004) alle Regelungen zur Unternehmensverfassung, dann präzisiert das kaum, welche Elemente nun im Einzelnen solche Systeme charakterisieren.

Inhalt

Vorwort Grundlegung Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit Forschungsfragen, Methodik und Fallauswahl Gang der Untersuchung Corporate Governance als System: Elemente, Einflussfaktoren, Klassifikationen Zum Begriff der Corporate Governance Abgrenzung und Klassifikation von Corporate Governance-Systemen Einbindung der Corporate Governance in die "Varities of Capitalism" Die Rolle der Unternehmenspublizität im Corporate Governance-System Systemgestaltende Umweltvariablen Typ des Rechtssystems Staatstyp Finanzsystem Schlussfolgerungen Theoretische und empirische Aspekte zum Wandel von Systemen Arten von Konvergenz und Divergenz Theoretische Überlegungen zur Erreichung von Konvergenz Erklärung für Konvergenzentwicklungen Erreichung von Wandel durch Gesetzgebung und Schlussfolgerungen zum isomorphischen Wandel Wandel der Steuerung von Publizität und Corporate Governance Informationsasymmetrien: Problem und Lösungsmöglichkeiten Möglichkeiten und Grenzen der politischen Steuerung durch Recht Wandel von Staatlichkeit in Publizität, Enforcement und Corporate Governance Kontrolldefizite als mögliche Folge von Systemwandel: der Fall Deutschland Mögliches Kontrollvakuum insbesondere durch Rückzug der Banken Empirische Frage nach einer (zunehmenden) Kontrolle durch den Markt Diskussion Zusammenfassung der Ergebnisse Literatur Abbildungsverzeichnis Tabellenverzeichnis Abkürzungsverzeichnis

Schlagzeile

Staatlichkeit im Wandel Sonderforschungsbereich der Universität Bremen